Erfurt

Eine Stadt wie aus dem Bilderbuch

Erfurts Altstadt scheint einem Bilderbuch entstiegen zu sein. Alte Patrizierhäuser, enge Gassen, friedlich plätschernde Flussarme und immer wieder Kirchtürme, die sich in den Himmel recken. Martin Luther verbachte prägende Jahre in der Stadt, als Student und als Mönch. Die Erfurter Universität nannte er später „meine Mutter, der ich alles verdanke“.

Der Student Martin Luther

Als Martin Luther 1501 nach Erfurt kam, muss ihn das bunte Treiben der Stadt sehr beeindruckt haben. Die alte Handelsstadt war im Mittelalter wegen der blau färbenden Waidpflanze zu großem Reichtum gelangt. Ab 1392 machte eine Universität sie auch zu einem intellektuellen Zentrum. Luther nahm Quartier in der Georgenburse. In der Michaeliskirche besuchte er die Studentengottesdienste. Gleich gegenüber befand sich das Collegium maius, das Hauptgebäude der Universität. Das Gebäudesetting ist auch heute noch erhalten. Man meint fast Luther schnellen Schrittes um die Ecke biegen zu sehen, wenn man die Michaelisstraße entlangläuft.

Die Georgenburse in Erfurts Altstadt ©Steve Cozort, Georgenburse

Das Studentenleben des jungen Martin war wohl nicht nur von stiller Einkehr geprägt. Berichtet wird von wilden Studentenparties mit fremdartigen Aufnahmeritualen. Einmal wird er ins Universitätshospital (heute eine Gaststätte) eingewiesen, weil er sich „bei Übungen mit dem Degen verletzt“ hat. Als er 1505 sein Grundstudium der „Sieben Freien Künste“ abschließt, scheint sein Weg vorgezeichnet. Nach dem Wunsch des Vaters soll er Jurist werden. Doch es kommt anders.

Ein Gewitter ändert Luthers Kurs

Nahe dem Dorf Stotternheim soll es geschehen sein. Martin Luther wird von einem Gewitter überrascht. Voller Angst geht er auf die Knie und betet zur Heiligen Anna, sie möge ihn retten. Er verspricht ihr Mönch zu werden. Zumindest ist das die Geschichte, die Martin seinem Vater auftischt, als er ihn informiert, dass es nichts wird mit dem Studium der Rechte. Die Theologie soll es nun sein. Freunde raten ihm ab, der Vater ist erzürnt. Und Martin bleibt stur. Am 17. Juli 1505 bittet er um Aufnahme im Erfurter Augustinerkloster. Was folgt ist Geschichte. Aus dem Mönch wird ein Doktor an der Universität Wittenberg und ein Reformator des Glaubens. 

Wertvolle Bücher findet man in der Klosterbibliothek des Evangelischen Augustinerklosters zu Erfurt ©Florian Trykowski, Thüringer Tourismus GmbH

Luthers Erfurt heute

Die Gemüter der Gläubigen haben sich mittlerweile auch in Erfurt beruhigt. Mittlerweile feiern die Erfurt gemeinsam den Geburtstag des Reformators jährlich am 10. November. Mit Lampions ziehen sie durch die Altstadt und vereinen sich auf dem großen Platz vor dem Dom zu einer ökumenischen Martinsfeier, denn immerhin ist der Heilige Martin der Namenspatron des Reformators und sein Tag ist der 11. November. Da haben auch die Katholiken was zu feiern. Am Abend erklingt dann auch die Maria Gloriosa, die weltweit größte frei schwinge Glocke des Mittelalters. Knapp 12 Tonnen wiegt die große Domglocke mit Klöppel. Das Wunderwerk kann man in der warmen Jahreszeit bei Führungen besichtigen. Zu hören bekommt man sie nur an hohen kirchlichen Feiertagen oder eben an Luthers Geburtstag. 


 Die Maria Gloriosa im Erfurter Dom ist die weltweit größte freischwingende Glocke des Mittelalters. ©Martin Kirchner / Thüringer Tourismus GmbH

 

TIPP: ÜBERNACHTEN IM ERFURTER AUGUSTINERKLOSTER
Das Augustinerkloster in Erfurt informiert in einer Ausstellung, wie ein Mönchsleben zu Luthers Zeiten so ablief. In der Augustinerkirche kann man dann auf dieselben kunstvoll gestalteten Buntglasfenster schauen, die auch der junge Mönch Martin schon gesehen hat. Von einem Rosenmotiv dort soll er auch die Idee für sein Familienwappen haben. Wer dem Klosteralltag noch etwas näherkommen möchte, kann auch im Erfurter Augustinerkloster übernachten. Die Räume sind einfach und hell möbliert und strahlen Ruhe aus. Vielleicht gerade das Richtige nach einem trubeligen Tag in der Stadt.

 

Header: ©Gregor Lengler / Thüringer Tourismus GmbH