Gotha

Zeugnisse für die Nachwelt

Schon als Mönch besuchte Martin Luther das unweit von Erfurt gelegene Gotha, später predigte er hier als Reformator. Die Forschungsbibliothek auf Schloss Friedenstein bewahrt wertvolle schriftliche Zeugnisse der Reformation für die Nachwelt, darunter Autografe von Martin Luther und seinen Mitstreitern. Und 1537 verfasste Luther in Gotha ein Testament, das heute einen Einblick in seine Gedankenwelt gewährt.

Des Teufels Zorn

Eine Geschichte erzählt von einem Besuch Luthers in Gotha im Jahr 1521. Der Reformator war auf dem Weg zum Reichstag in Worms. In Gotha legte er einen Stopp ein, um in der Augustinerkirche zu predigen. Während er sprach, fielen zum Schrecken der Anwesenden mit lautem Krachen Steine von der Giebelwand. Einige glaubten daraufhin, dies sei das Werk des Teufels gewesen. Aus Zorn über Luther, der ihm so viele Seelen gestohlen habe. Und ja , Luthers Ideen fanden schnell Anklang in Gotha. Schon 1522 verkündet auch der Pfarrer der Margarethenkirche, Johann Langenhan, den Gläubigen die neue Lehre. Die Reformation war endgültig in der Stadt angekommen.


Das Rathaus in Gotha ©Daniel James Clarke / Cultural Heart of Germany

Das Gothaer Testament

1537 machte der alternde Luther auf einer Reise wieder einmal in Gotha Halt und weilte im Haus seines Freundes und Mitstreiters Friedrich Myconius. Ein Nierenleiden plagte ihn sehr. Er hatte starke Schmerzen und glaubte sogar sterben zu müssen. Dem ihn begleitenden Johannes Bugenhagen diktierte er ein Testament, mit Myconius besprach er das anstehende Begräbnis. Er wollte in Gotha begraben werden. Nicht in Wittenberg. Nachdem er sich einige Tage gequält hatte, verschwanden die Beschwerden schließlich. Luther war wieder genesen. 
Was bleibt ist sein „Gothaer Testament“, ein wichtiges Zeugnis seiner Gedankenwelt. Luther bekräftigt darin seine Überzeugung richtig zu handeln, indem er gegen das Papsttum angeht. Liebevoll gedenkt er seiner Frau und der Kinder. Die besondere Bedeutung der Niederschrift besteht darin, dass es sich hier gleichzeitig um ein theologisches, wie ein sehr persönliches Vermächtnis des Reformators handelt.


Der Festsaal auf Schloss Friedenstein ©Marcus Glahn / Schatzkammer Thüringen

Schätze in Schloss Friedenstein

Schloss Friedenstein in Gotha entstand nach dem Dreißigjährigen Krieg. Der Name ist Ausdruck der Friedenssehnsucht des Erbauers, Herzog Ernst der Fromme von Sachsen-Gotha-Altenburg. Er konzipierte seine Residenz nach außen hin bescheiden protestantisch, ganz im Sinne seiner Überzeugungen. Die Anlage geriet allerdings recht groß, so dass sie auch mit wachsender Verwaltung niemals baulich erweitert werden musste. Heute birgt Schloss Friedenstein so manchen Schatz, wie den Erstdruck von Martin Luthers Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ aus dem Jahr 1520 oder die älteste Abschrift in Arabisch vom „Buch der Wege und Reiche“ verfasst von dem Geografen al-Istahari aus dem 10. Jahrhundert. Beides Teil des UNESCO-Weltdokumenterbes.
Die prachtvollen Residenzräume der Herzöge geben Einblick in barocke Lebenswelten und erzählen von den Verbindungen der Familie zu den europäischen Königshäusern. Ob Schweden, Dänemark, Großbritannien oder Belgien – kaum eine heutige königliche Familie, die nicht mit den Gothaern verwandt wäre…

TIPP: HERZOGLICHES MUSEUM IN GOTHA
Die Gründung des Herzoglichen Museums in Gotha ist Herzog Ernst II von Sachsen-Coburg und Gotha zu verdanken. Der Schwager der englischen Königin Viktoria ließ das Haus erbauen, um die bereits umfängliche Sammlung von Kunst und Kuriositäten der Familie angemessen unterzubringen. Die vielfältigen Interessen der Herzöge spiegeln sich in ägyptischen Mumien, Porzellan, historischen Fächern, Goldschmuck oder Gemälden, v.a. deutscher und niederländischer Künstler. Highlights sind sicher die weltweit größte Skulpturensammlung Jean-Antoine Houdons, Werke von Peter Paul Rubens und Lucas Cranach sowie auch das berühmte Gothaer Liebespaar, das an der Grenze vom Mittelalter zur Renaissance entstand.

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