„Keine andere Stadt kennt mich besser“
Eisenach
Luther lebte bereits in seinen frühen Jugendjahren in Eisenach, diese Zeit prägte sein gesamtes Leben: Seine Mutter Margarete, eine gebürtige Eisenacherin, schickte ihn im Alter von 14 Jahren in ihre geliebte Heimatstadt, in der ein großer Teil der Familie lebte. Sohn Martin besuchte die Lateinschule St. Georgen, welche ihm die Vorbereitung auf sein späteres Studium an der Universität Erfurt ermöglichte. Für kurze Zeit kam er bei seinem Großonkel Konrad Hutter, dem Küster der Kirche St. Nikolai, unter. Vermutlich war die Familie zu diesem Zeitpunkt noch so arm, dass Luther sich singend sein Brot an den Türen der Eisenacher verdienen musste – wie später übrigens auch Johann Sebastian Bach.
Eines Tages begegnete er Ursula Cotta, geborene Schalbe, Ehefrau des Vierherrn Conrad Cotta. Die Überlieferung sagt, dass die Patrizierfamilie Cotta so begeistert von Luthers Gesang und seinen inbrünstigen Gebeten gewesen sei, dass sie ihn während seiner Schulzeit bis 1501 bei sich aufnahm. Der fleißige und begabte Schüler kam so in den Genuss eines Freitisches, wie man zur damaligen Zeit eine unentgeltliche Studentenverpflegung nannte. Als Gegenleistung erteilte er dem Bruder Ursulas Nachhilfeunterricht. Wie Luther später erzählte, empfing er von dem mit der Familie Schalbe-Cotta verkehrenden Kreis wohlhabender Eisenacher Bürger und angesehener Geistlicher wesentliche Impulse. Heute gilt das Haus der Familie Cotta als eines der ältesten und schönsten Fachwerkhäuser Thüringens. Bekannt als Lutherhaus kann man den Reformator hier in beeindruckendem historischem Ambiente als Schüler, Bibelübersetzer und Sprachschöpfer bei einer Besichtigung kennenlernen.
20 Jahre später kehrte Martin Luther nach Eisenach zurück und schrieb Weltgeschichte: Während er auf der Wartburg zu seiner eigenen Sicherheit versteckt gehalten wurde, übersetzte er zwischen Dezember 1521 und März 1522 das Neue Testament ins Deutsche und schuf damit die Grundlage einer einheitlichen deutschen Schriftsprache. Er vollbrachte in Eisenach somit eine seiner wohl wichtigsten geistlichen und kulturprägenden Leistungen.
WARTBURG
Lutherstätten im Überblick:
• Die Georgenkirche, in welcher der Lateinschüler Luther gesungen und von deren Kanzel der Reformator mehrfach gepredigt hat. In Eisenach kreuzten sich die Spuren von Martin Luther und Johann Sebastian Bach auf sinnfälligste Art und Weise. Als bedeutendster protestantischer Kirchenlieddichter schuf Luther 38 Kirchenlieder, von denen Bach wenigstens 30 später vertonte.
• Das Nikolaitor, durch welches Luther bei allen seinen Reisen via Eisenach kam bzw. ging. Durch dieses Tor wurden während des „Bildersturms“ im April 1525 die Mönche und Nonnen aus der Stadt getrieben.
• In der Nikolaikirche war mit Konrad Hutter ein Verwandter Luthers Küster.
•Unweit von Nikolaitor und -kirche steht auf einem Marmorsockel das von Adolf von Donndorf 1895 geschaffene Lutherdenkmal. Unter der überlebensgroßen Figur zeigen Reliefs Szenen aus dem Leben Luthers in Eisenach und auf der Wartburg.
• Das museal genutzte Lutherhaus: Es befand sich um 1500 im Besitz der einflussreichen Patrizierfamilie Cotta, die den Schüler Martin Luther bei sich aufnahm. In den „Lutherstuben“ aus dem Jahr 1356 soll der junge Luther damals gewohnt haben.
Titelbild: ©Rainer Salzmann, Wartburg-Stiftung